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Zukunft der Industrie: Lieferketten gestalten!

Innovationen gestalten die Lieferketten der Industrie

Die Entwicklung von Lieferketten beginnt oft mit der Schaffung neuer Technologien oder Produkte durch eine einzelne Partei. Mit zunehmender Nachfrage erweitert sich das Netzwerk zu einer komplexen Struktur. Schließlich vereinfacht sich die Lieferkette wieder, da Produkte kommodifiziert werden, was zu einem geringeren Wert und begrenzten Margen für die Produzenten führt. Dieser Lebenszyklus kann anhand des S-Kurven-Modells der Produktinnovation und Marktakzeptanz verstanden werden. Für Unternehmen heißt dies, sich Gedanken über die Zukunft Ihrer Industrie zu machen. Und über die Zukunft der Industrien, die als mögliche Zukunftsmärkte in Frage kommen.

Anfangsphase: Die Zukunft der Industrie beginnt als Einzelschöpfung

Neue Technologien und Produktinnovationen werden oft von einem einzelnen Unternehmen oder einer kleinen Gruppe eng verbundener Lieferanten geschaffen. Sicher tummeln sich verschiedene Anbieter um die spannenden Zukunftsthemen. Jedoch eher als skeptische Wettbewerber, denn als kompakte Wertschöpfungsnetze. Zum Beispiel:

  • Intel produziert seinen ersten Mikroprozessor „Intel 4004“ 1971 fast vollständig im eigenen Haus. Produktionsmenge etwa 2.300 Einheiten im ersten Jahr.
  • Tesla entwickelt und fertig das frühe Elektrofahrzeuge, den Tesla Roadster im Jahr 2008. Technologie und Komponenten stammten von einer begrenzten Anzahl von Lieferanten.
  • Siemens produzierte seinen ersten Elektromotor 1866, wobei fast alle Komponenten intern entwickelt wurden, da die Elektrotechnik zu dieser Zeit noch in den Kinderschuhen steckte.
  • LAPP war unter den ersten Industrieunternehmen, die Signalkabel industriell herstellten. Vorangetrieben durch Oskar Lapp, Mitbegründer des Kabelherstellers LAPP, und noch überschaubare aber bereits wachsende Nachfrage nach Elektrifizierung in den Industrieunternehmen.
  • AVS Römer belieferte die ersten Hersteller von Kaffeevollautomaten mit Förderpumpen, als die Stückzahlen der Vollautomaten noch gering waren. So etablierte sich AVS Römer als ein Hauptlieferant für Automatik, Ventile und Systeme an heutige Automatenhersteller in der Food & Beverage (F&B) Industrie.
  • Die Aerzener Maschinenfabrik stellte 1868 ihr erstes Luftgebläse her und nutzte dabei hauptsächlich eigene Ressourcen, bevor sich der Markt und die Lieferkette für solche Komponenten entwickelten.

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Industriewachstum und Komplexität der Lieferkette

Mit zunehmender Produktion zur Deckung der steigenden Nachfrage wird die Lieferkette typischerweise komplexer. Die Nachfrage steigt, die Kapazitäten im Unternehmen werden knapp und die Zukunft der Industrie verändert sich. Outsourcing und Arbeitsteilung kommen ins Spiel, um Effizienzgewinne zu heben. Spezialisierte Lieferanten sind erforderlich, um verschiedene Komponenten zu produzieren, was zu einer fragmentierten und umfangreichen Lieferkette führt. Beispiele hierfür sind:

  • Apples iPhone, das weltweit Hunderte von Lieferanten für spezialisierte Teile wie Displays, Prozessoren und Speicher einbindet. Unter anderem im Rahmen von ‚Coopetition‘ vom direkten Wettbewerber Samsung.
  • Fords Model T, das anfangs hauptsächlich Teile verwendete, die von Ford selbst hergestellt wurden, sich aber zu einer Vielzahl von Lieferanten erweiterte, die spezialisierte Teile lieferten, als die Produktion skaliert wurde.
  • Boeings 737 Airliner, das Tausende von Lieferanten einbezieht, die spezialisierte Teile wie Avionik, Motoren und Fahrwerke liefern.
  • GE Aviations Jettriebwerke, die Komponenten aus einem globalen Netzwerk spezialisierter Lieferanten einbeziehen, darunter hochpräzise Teile wie Turbinenschaufeln und Steuersysteme. In Sachen Geschäftsmodell interessant, dass nur selten das Triebwerk verkauft wird. Häufiger werden lediglich die geflogenen Meilen in Rechnung gestellt.

Vereinfachung der Produkte und Lieferketten treibt Konsolidierung der Industrie

Mit der Zeit vereinfacht sich die Lieferkette wieder. Die boomende Nachfrage stagniert, Unternehmen können nicht mehr die gewohnten Wachstumsraten anstreben und suchen nach schnellen Lösungen für zusätzliche Umsätze. Erste Wahl ist häufig, früher an Lieferanten vergebene Wertschöpfungsschritte zurück ins Haus zu holen. Beispiele hierfür sind:

  • Dells „Direct Model“ in den späten 1990er Jahren, bei dem Dell begann, Teile zu standardisieren und die Anzahl der Lieferanten zu reduzieren, um den Betrieb zu rationalisieren und Kosten zu senken.
  • Apple entwickelt eigene Chips (wie den M1), um mehr Produktion ins eigene Haus zu holen und die Abhängigkeit von externen Lieferanten zu verringern.
  • Toyotas Ansatz zur schlanken Produktion, der die Konsolidierung von Lieferanten beinhaltet, um die Qualitätskontrolle zu verbessern und Kosten zu senken.
  • ABB Strategie, mehr Komponenten für seine Robotik- und Automatisierungssysteme intern zu integrieren, um die Lieferkette zu straffen.

Endphase der Industrie: Kommodifizierung und Rückgang

Wenn Produkte reifen und die späten Phasen der S-Kurve erreichen, werden sie kommodifiziert. Das bedeutet, dass sie nicht mehr als innovativ gelten und von vielen Unternehmen produziert werden. Alle Welt kann Produkte und Komponenten in vergleichbarer Qualität produzieren. Einzig der Preis ist noch das Entscheidungskriterium, welcher Hersteller das Rennen macht. Das Ergebnis sieht wie folgt aus:

  • Reduzierte Komplexität: Die Lieferkette wird einfacher, da der Bedarf an spezialisierten Komponenten abnimmt.
  • Geringere Margen: Der verstärkte Wettbewerb drückt die Preise und die Gewinnspannen.
  • Marktsättigung: Die Nachfrage stabilisiert sich oder geht zurück, da der Markt gesättigt ist.

Aus den Cash Cows werden Fragezeichen: Zukunft der Industrie? Unklar. Aber definitiv anders.

Industrielle Kommodifizierungsbeispiele

  • Desktop-PCs: Einst ein hochmargiges Produkt mit signifikanter Innovation, sind Desktop-PCs jetzt kommodifiziert, wobei viele Hersteller ähnliche Produkte produzieren. Die Margen sind gering, und nur wenige Unternehmen bleiben wettbewerbsfähig. IBM hat früh erkannt, dass das PC-Hardwaregeschäft keine langfristige, margenträchtige Zukunft hat und sich von der profitablen Laptop-Sparte getrennt. Sie ist bis heute als Lenovo auf dem Markt. IBM hingegen hat sich zum weltgrößten Unternehmensberatungshaus und Software-Spezialisten entwickelt.
  • DVD-Player: Diese waren einst Spitzentechnologie, sind aber jetzt aufgrund des Aufstiegs von Streaming-Diensten zu einfachen, margenarmen Produkten geworden und nur noch in besonderen Nischen relevant.
  • Lager in Industrie und Automotive: Kugellager, Wälzlager, Gleitlager. Früher hochpräzise, hochmargige Produkte, sind Lager heute weitgehend kommodifiziert, mit zahlreichen Herstellern, die standardisierte Teile produzieren. Überall und kaum unterscheidbar. Mit Ausnahme des Preises. Und hinzu kommt die Elektrifizierung der Automobilindustrie, die rund 80% der bisher eingesetzten Lager überflüssig macht.
  • Kunststoffspritzmaschinen: Einst fortschrittliche Technologie, werden Kunststoffspritzmaschinen jetzt von vielen Unternehmen produziert, was zu geringeren Margen und weit verbreiteter Verfügbarkeit führt. Für viele noch ein gutes Brot und Butter Geschäft. Eine echte Cash Cow nur noch selten.

Industrielle Nischenmärkte und Spezialisierung

Während Mainstream-Produkte zurückgehen, bleiben oft Nischenmärkte und spezialisierte Lösungen bestehen. Diese Produkte können spezifische Bedürfnisse oder Branchen bedienen, in denen sie weiterhin Wert bieten. Beispiele hierfür sind:

  • Hochwertige Audioausrüstung: Während Mainstream-Audiogeräte kommodifiziert wurden, bleibt hochwertige Audioausrüstung ein Nischenmarkt mit spezialisierten Lieferanten und hohen Margen.
  • Individuelle PC-Builds: Enthusiastenmärkte für maßgeschneiderte Gaming- oder Hochleistungs-PCs florieren weiterhin, auch wenn der breitere Markt für Desktop-PCs zurückgegangen ist.
  • Spezialisierte Industrieroboter: Während allgemeine Roboter kommodifiziert wurden, bleibt ein Nischenmarkt für spezialisierte Roboter, die auf bestimmte industrielle Anwendungen zugeschnitten sind.
  • Fortschrittliche CNC-Maschinen: Während einfache CNC-Maschinen häufiger und erschwinglicher geworden sind, bleibt ein Markt für hochpräzise, fortschrittliche CNC-Maschinen bestehen, die in spezialisierten Fertigungsprozessen verwendet werden.

Fazit: Die Zukunft der Industrie ist nicht besiegelt. Die Veränderung ist unausweichlich.

Der Lebenszyklus von Produkten und ihren Lieferketten kann anhand des S-Kurven-Modells verstanden werden. Anfangs werden Produkte von einer einzigen Einheit geschaffen, was zu komplexen Lieferketten führt, wenn sie skaliert werden. Schließlich vereinfacht die Kommodifizierung die Lieferkette wieder, was zu geringeren Margen und Wert führt. Dennoch bleiben spezialisierte Nischenmärkte oft bestehen und bieten Möglichkeiten für gezielte Lösungen und Innovationen.

Wenn alle denken, dass Du eine gute Idee hast, dann bist Du zu spät.
[Paul Hawken]

Die wichtigsten Perspektiven, die Industrieunternehmen für Ihre Zukunft im Auge behalten sollten sind also:

  • Keine Industrie ist ein Dauerbrenner: Manche wirken wie Ewigkeits-Business und Dauerbrenner. Doch sie alle unterliegen einem Lebenszyklus und die Gefahr, den Absprung zu verpassen ist hoch. Besonders, wenn das Geschäft gut läuft. Einige wenige Kunden sehr gut bezahlen und der Fluch des Erfolgs und damit aufkommende Arroganz das Umdenken schwer macht.
  • Nicht entweder, oder: Bestandsgeschäft stärken oder Innovation, Neugeschäft und New Business Development dürfen keine Alternativen sein. Die Verlockung, sich für eines entscheiden zu wollen ist groß. Doch wer so lange zum Brunnen geht, bis der Krug bricht, hat meist keine Zeit mehr neue Einnahmequellen zu erschließen und auszubauen. Es dauert einfach zu lange. Mehr und Ausführliches dazu im Buch „The Innovator’s Dilemma“ von Clayton Christensen.
  • Der nächste Zukunftsmarkt muss klein sein: Wenn der Markt schon ausgewachsen ist, dann sind die besten Chancen bereits verspielt und der Kuchen verteilt. Aus einem Bombengeschäft in eine neue Nische zu starten, wirkt nicht attraktiv. Ist aber meist die einzige echte Chance für einen Neuanfang. Ein Hauptgrund, warum Unternehmen selten den Absprung schaffen und nach langjähriger Marktführerschaft häufig in der Versenkung verschwinden, statt zu neuen Höhen aufzulaufen.

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