Roadmapping kann helfen, wenn Organisation und Komplexität wachsen
Im kleinen Handwerksbetrieb spielt Roadmapping selte eine Rolle. Eine Produkt- oder Service-Roadmap gibt es nicht. Braucht der Kleinbetrieb einfach nicht. Die Auftragsabwicklung steht an erster Stelle. Konzeptionelle Produkentwicklung gibt es selten oder gar nicht. Und alle im Unternehmen wissen, wo Chefin oder Chef sind, wenn einmal Orientierung nötig ist.
Je größer, komplexer und vielfältiger Unternehmen werden, umso schwieriger wird es für alle, die Orientierung zu behalten. Mit wachsendem Leistungsportfolio, Teams die an mehreren Projekten parallel arbeiten und Führungskräften die nicht mehr auf Zuruf verfügbar sind, wächst das Problem. Die linke Hand weiß nicht, was die rechte tut. Und die dritte und vierte Hand (Entwicklung und Vertrieb) sind sich wieder uneins, wie das Produkt morgen aussehen soll, und was der Kunde kaufen soll. Fehldend Abstimmung innerhalb der Teams und über Funktionen und Geschäftsbereiche hinweg.
Orientierungslosigkeit, Reibungsverluste, widersprüchliche Prioritäten und fehlende Kraft, um große Innovationen gemeinsam voranzubringen. Alle Kapazitäten sind beschäftigt und trotzdem geht es nicht richtig voran. Chancen werden verpasst werden, Ressourcen ineffizient genutzt und die Unternehmensziele nicht erreicht. Das Zukunftsgeschäft wird zum Zufall statt gezielter, strategischer Weiterentwicklung.
Unabgestimmte Entwicklung und verpasste Innovationschancen
Die fehlende Sturktur spüren Unternehmen im Tagesgeschäft meist nicht. Irgendwie wissen ja doch alle, was die Firma macht. Aufkeimende Selbstzweifel werden schnell mit Aktionismus überspielt. Alle sind beschäftigt und die Argumente, wie da alles natürlich zur Unternehmensstrategie passt, liegen natürlich parat. Niemand gibt sich freiwillig die Blöße zu sagen, man wüsste nicht, wo die Reise hingeht. Aber so richtig sicher sind sich die meisten auch nicht.
Besonders im B2B, wo die Entwicklungs- und Investitionszyklen lang sind, können die Auswirkungen fehlender Koordination verheerend sein. Bevor das Unternehmen es merkt, hat die Organisation ein paar Jahre auf die falschen Pferde gesetzt und relevante Entwicklungen verschlafen. Der Wettbewerber zeigt seine Innovation auf der Messe, die eigene Entwicklung hinkt hinterher, und irgendwie haben alle gewusst, dass es eines Tages so weit kommen musste.
Wo die Märkte dynamisch sind, Kundenanforderungen und technologischer Fortschritt rasant voranschreiten und der Wettbewerbsdruck entsprechend hoch ist, da ist ein einzelnes Jahr ohne klaren Fahrplan ein großes Risiko. Verzögerte Produkteinführungen, schwindende Marktrelevanz und das wachsende Gefühlt, bereits abgehängt zu sein. Beginnt das Selbstbewusstsein erst einmal zu bröckeln, dann wird es schwierig, die eigene Organisation zu motivieren. Und mit fehlender Motivation sind auch die Kunden nur schwerlich zu begeistern.
Roadmapping als Werkzeug für Orientierung, Koordination und Inspiration
Roadmapping heißt, einen klaren Fahrplan zu entwickeln, wohin sich die Organisation in den nächsten fünf, zehn oder 50 Jahren bewegen soll. Diese Roadmap dient allen Beteilgten als Orientierung, welche Schwerpunkte gesetzt sind, welche Themen mittelfristig relevant sind und was die Vision oder der Nordstern für die nächsten Jahre ist.
Das Roadmapping und die Roadmaps unterscheiden sich dabei in vielen Aspekten von der Strategieentwicklung:
- Roadmapping ist langfristig: während die Strategie insbesondere JETZT gilt, schafft die Roadmap greifbare Bilder für mehrere Zeipunkte auf der Zeitschiene in Richtung Zukunft.
- Roadmapping ist visuell: Plakative Skizzen, Symbole und Prototypenbilder schaffen Einprägsamkeit und helfen der Vorstellungskraft.
- Roadmapping kann eine starke Strategie konkretisieren oder Inspirationen liefern um die Strategie zu schärfen.
- Roadmapping ist ein gemeinschaftlicher Schaffensprozess mehrerer Geschäftsbereiche, während die Strategie häufig zentral entwickelt wird.
Roadmapping hilft also, die Innovations- und Entwicklungsbemühungen auf das Wesentliche zu konzentrieren. Durch die Erstellung eines Zeitplans für geplante Funktionen, Verbesserungen und strategische Initiativen hilft der Fahrplan, Aufgaben zu priorisieren, Ressourcen effektiv zuzuweisen und ein zügiges Entwicklungstempo beizubehalten. Dieser proaktive Ansatz minimiert nicht nur Risiken, sondern befähigt Teams, schnelle, gut fundierte Entscheidungen zu treffen, die den langfristigen Erfolg des Unternehmens sichern.
Roadmapping – In 3 Schritten zum Plan für die Zukunft
Roadmapping ist ein komplexes Thema. Deshalb ist es wichtig, die Erarbeitung möglichst an einem Stück zu schaffen. Iterationsschleifen, E-Mail-Ping-Pong und verteilte Aktivitäten vervielfachen die Komplexität zu sehr. So droht Roadmapping zu scheitern, weil nie ein wirklich einheitliches Bild entsteht. Und wenn doch ein klares Bild geschaffen wird, dann sind zwei Drittel der Personen unzufrieden und es gibt kein Kommittment für die Umsetzung.
Deshalb nur drei große, kompakte Schritte zur Roadmap:
Schritt 1: Roadmapping vorbereiten
Rahmen und Fokus für das Roadmapping festlegen
Was soll die Roadmap abbilden?
- Das gesamte Produkt- und Leistungsportfolio?
- Nur Innovationen und Neuheiten?
- Eine einzelne Produktfamilie?
- Die heutige Zielbranche und ihre Entwicklung?
- Die globale Markterschließung?
- 5, 10 oder 25 Jahre in die Zukunft?
Strategische Anker und Festlegungen für das Roadmapping klären
Welche Freiheitsgrade soll es geben, ab wo ist ‚Denkverbot‘?
Festgesteckte strategische Ziele, bestehende Roadmaps oder aktuelle Pläne zur Markterweiterung und Geschäftsmodellveränderung sind wichtige Eckpunkte für die Zukunft. Ob sie wirklich als harte Grenzen zu sehen sind, oder im Rahmen des Roadmapping infrage gestellt werden dürfen, hängt vor allem von den Teilnehmern und Entscheidungsbefugnissen ab.
Stakeholder einbeziehen
Wer entscheidet, wer hat Ahnung und wen dürfen wir nicht vergessen?
Nicht alle können an der Roadmap mitarbeiten. Nicht mit überschaubarem Aufwand. Großgruppen-Workshops mit 60 und mehr Personen, die gemeinsame Roadmaps entwickeln sind möglich aber selten. Im typischen Fall nimmt die Unternehmensführung oder Bereichsleitung mit ihren direkten Teammitgliedern am Roadmapping teil. Darüber hinaus können zehn, 20 oder auch 30 weitere Personen wertvollen Input in Vorabgesprächen liefern. Wichtig ist, funktionsübergreifend zu denken, um die relevanten Einblicke und Prioritäten komplett zu haben.
Schritt 2: Roadmapping Workshop
Einstimmung auf die heutige Welt, das nähere Umfeld und visionäres Denken
Visionen und Zukunftsbilder zu entwickeln ist anstrengend und für viele schwierig. Das richtige Framing, das richtige Mindset und ein bisschen Handwerkzeug hilft, visionär zu denken. So wird die Roadmap ein echter Ausblich in die Zukunft statt nur ein Abklatsch von allem, woran ohnehin jeder arbeitet.
Teams aufteilen für unterschiedliche Schwerpunkte
Drei kleine Gruppen schaffen mehr als eine große. Und vor allem schaffen sie Dinge schneller. Teams könnten aufgeteilt sein in unterschiedliche Phasen der Wertschöpfungskette, in unterschiedliche Geschäftsbereiche oder in verschiedene Produktkategorien. Wichtig ist, die Teams nicht nur mit Expertinnen und Experten zu besetzen, sondern die Perspektiven zu mischen. Der Blick von außen ist mindestens genauso wichtig, wie die Erfahrung zum Thema. Vielfältige Teams sind ein wichtiger Erfolgsfaktor.
Die Zukunft vorhersagen
Roadmapping heißt, die Zukunft in Scheibchen auf einen Zeitstrahl zu packen. Dafür müssen wir die Zukunft vorhersehen. Nicht die Lottozahlen, aber die relevanten, großen Veränderungen im Umfeld des Unternehmens, in der Branche und vor allem in der Zielgruppe. Was will der Kunde von morgen? Was nicht? Welche Technolgien, Bedürfnisse und Trends prägen die nächsten 5, 10 oder 15 Jahre? Und was heißt das für unser Unternehmen und die Produkte und Services, die wir in dieser Zukunft beitragen können?
Zukunft vorhersagen mit der Zeitmaschine
Die Zeitmaschine ist das perfekte Format, um die Zukunft der Branche, der Technologie und der Produkte des Unternehmens vorherzusagen. Im Live-Webinar erfahren Sie, wie das funktioniert.
Multi-Generationen-Planung schneidet den Roadmap-Elefanten in Scheibchen
Gute Visionen sind zu groß, um direkt umgesetzt werden zu können. Sie sind möglicherweise erreichbar in ein oder zwei Jahrzehnten. Kaum ein Unternehmen kann sich leisten, so viel Zeit mit Forschung und Entwicklung zu verbringen. Der Weg dorthin braucht daher Zwischenetappen, die für sich wertvolle Umsatzbringer sind. Die Multi-Generationen-Planung zerteilt die Vision in das erstmögliche Produkt Minimum Viable Produkt, MVP) und weitere Zwischenprodukte, Technologien oder Lösungen bis zur finalen Vision.
Teilbilder zu einem Konsistenten Zukunftsbild und Zeitplan zusammenfügen
Die perspektiven der einzelnen Teams stehen aktuell für sich. Ebenso wie die Mehr-Generationen-Pläne und weitere Dimensionen wie Plattformtechnologien, Märkte oder Produktkategorien. Nun ist die Zeit, diese Bilder miteinander zu teilen, zu diskutieren und zu ergänzen. Und aus den Puzzle-Steinen einen zusammenhängenden Wandteppich zu knüpfen. Mit dem Wandtteppich wachsen Verständnis der Sichtweisen und Konsistenz des Gesamtbildes. Eine gute Workshop-Moderation sorgt dafür, dass die Gruppe am Thema zusammenwächst und sich nicht in Konflikten zerstreut.
Aktionen ableiten und Verantwortlichkeiten definieren
Steht das Bild, ist es Zeit für die Umsetzung. Erste Schritte und Verantwortlichkeiten direkt festlegen nährt das Commitment des Teams noch bevor alle wieder ihrer Wege im Tagesgeschäft gehen. Ein erster Zeitplan zeigt, wann jede Initiative oder Funktion angegangen wird, und wie die einzelnen Ergebnisse sich gegenseitig unterstützen. Ressourcenverfügbarkeit und potenzielle Risiken werden hier sicher zum Thema werden. Wichtig ist, den Motivationsfaden hier nicht abreissen zu lassen.
Schritt 3: Roadmap in die reale Welt bringen
Feinschliff und Versinnbildlichung
Im Roadmapping Workshop entsteht ein grobes Bild: Handschriftliche Notizen, Skizzen, Wortfetzen und vielleicht ein paar schnelle Prototypen. Dieses rauhe Bild transportiert sich schlecht in die Organisation. Die Quintessenz in Textform gießen, ein paar Analogien finden und eine klare Visualisierung skizzieren macht das erarbeitete kommunizierbar und transportierbar.
Kommunikation, Feedback und Aufgabenverteilung im Detail
Die erste Kommunikationsrunde muss Klärungsfragen und Feedback vorsehen. Nur ein kleiner Kreis hat ein Ergebnis erarbeitet, das für das gesamte Unternehmen wegweisend sein soll. Das geht nicht ohne fehlende Puzzlesteine und Klärungsbedarf im Detail. Sobald die ersten Klärungen geschehen sind, können die Aufgaben an weitere umsetzende Kräfte aus alle Funktionsbereichen verteilt werden. Häufig sind Forschung, Entwicklung, Vertrieb, Produktmanagement und Marketing die ersten, die ihre Botschaften umstricken. Und natürlich das Innovationsmanagement.
Annahmen der Roadmap validieren und justieren
Eine gute Roadmap ist ein Nordstern mit konkreten Zwischenstationen. Die Aufgaben der Organisation können sich zum großen Teil daran orientieren. Und doch ist das, was im Roadmap-Workshop entstanden ist, noch nicht an der Realität gespiegelt. Es sind alles nur Annahmen. Wohlgemerkt Annahmen von Expertinnen und Experten, die ein gutes Verständnis des Marktes haben. Doch das Expertentum selbst ist am Häufigsten auf dem Holzweg was die Realität ‚da draußen‘ angeht. Die Annahmen der Roadmap müssen daher geprüft werden. Wollen die Kunden das wirklich? Sind das wirklich Produkte, die auf den Bedarf passen? Sind die technischen Ansätze nicht schon andernorts als Sackgassen erkannt? Der sicherste und schnellste Weg zur Validierung sind gut geführte Kundeninterviews.
Ziele abarbeiten und die Organisation entlang der Roadmap steuern
Als lebendiges Dokument wächst die Roadmap mit den Fortschritten, nimmt erfolgreich absolvierte Meilensteine auf und entwickelt sich weiter. Interner Forschritt, Veränderungen im Markt, in der Technologie und bei Kundenbedürfnissen sind wichtige Einflussgrößen, auf die reagiert werden muss. Dieser iterative Prozess stellt sicher, dass das Unternehmen nicht in Scheuklappen-Denke verfällt, sondern mit Blick auf die Realität agiert. In regelmäßigen Abständen wird die Roadmap kalibriert. Häufig passiert dies im Rahmen der jährlichen Strategieentwicklung. So werden die Entwicklung von Innovationen institutionalisiert, die Aufwände in der Technik fokussiert und die zukünftigen Geschäftserfolge langfristig gesichert.
Erstgespräch vereinbaren
Unternehmensberatung ist Vertrauenssache. Sprechen wir kurz über Ihre Herausforderung und finden wir heraus, ob es für eine Zusammenarbeit passen könnte.
TOM SPIKE begleitet Roadmapping und Portfolio-Entwicklung
Das Zukunftsportfolio von Industrie- und Technologieunternehmen sind Kernthemen der Innovationsberatung TOM SPIKE. Wir begleiten bei der strategischen Ausrichtung des Zukunftsportfolios und der Organisation, beim Roadmapping und bei Innovationsprojekten für einzelne Produkte und Technologien. Für den Kern der Roadmapentwicklung eignet sich besonders das Workshopformat Zeitmaschine, das unter anderem der Kabelhersteller Lapp erfolgreich eingesetzt hat (weitere Referenzen).