Workshops schaffen viele Ideen in kurzer Zeit
Ideen sind nicht alles. Doch ohne Ideen ist es auch schwierig. Deshalb fragen sich viele: Wie geht Ideenfindung? Wie schafft man gute Ideen? Sie sollen das Potenzial haben, echte Innovationen zu werden. Die Ideen dürfen nicht im Sande verlaufen. Und begeisternde Ideen wären natürlich auch gut. Ideation Workshops sind ein Weg, um gezielt Ideen zu entwickeln. Doch wie führt man einen Ideenworkshop zum Erfolg?
Henryk Stöckert ist Mitgründer der Innovationsberatung TOM SPIKE, aktiver Innovationsberater für Unternehmen und Startups, und befasst sich seit vielen Jahren mit den Themen Ideen, Innovation und Fortschritt. Im folgenden Interview* teilt Henryk seine Perspektiven und Erfahrungen zur Moderation von Ideation Workshops.
Workshops zur Ideenfindung
Für jedes Unternehmen das passende Workshopformat:
Einstiegsfragen zur Moderation von Ideation Workshops
Seit wann bieten Sie Ideation Workshops an und wie hat sich das Thema im Laufe der Zeit entwickelt?
Unterstützung in der Ideenentwicklung bieten wir unter der Marke TOM SPIKE nun seit 2015 an.
Erstmals moderiert habe ich Workshops zur Ideenentwicklung etwa 2010. Die Nachfrage hat sich in dieser Zeit durchaus verändert. Insbesondere die Themenschwerpunkte haben sich verschoben. Nachfrage gibt es mehr und mehr zur Ideenentwicklung für Services und Geschäftsentwicklung. Die Fragestellungen werden also zunehmend spezifisch. Es werden immer weniger „einfach ein paar gute Ideen“ gesucht. Wobei auch das natürlich noch vorkommt. Besonders in Unternehmen und Startups, die erst mit gezielter Innovation und Ideenentwicklung beginnen.
Welche Zielgruppen und Branchen unterstützen Sie mit Workshops bei der Ideenentwicklung?
Unsere Kunden sind fast ausschließlich B2B-Unternehmen und INDUSTRIEKUNDEN.
Das sind Firmen, die selbst Produkte und Services für Geschäftskunden anbieten. Die meisten davon sind produzierende Unternehmen, die physische Produkte herstellen. Häufig, aber nicht immer, in Kombination mit Software-Anteilen. Auch reine Serviceanbieter wie B2B-Versicherungen begleiten wir.
Der Endverbraucher spielt dabei natürlich eine Rolle, weil am Ende immer ein Endverbraucher steht, der die ganze Zulieferkette bezahlt. Direkte Endverbraucherprodukte spielen für uns jedoch fast ausschließlich in der Startup-Beratung eine Rolle.
Schlüsselfragen zu erfolgreichen Ideation Workshops
Ideation Workshop klingt sehr breit und abstrakt. Wie sieht der Ablauf eines typischen Ideation Workshop bei TOM SPIKE ganz konkret aus?
Der typische Ideation Workshop kann zwei mögliche Startpunkte haben.
Entweder wurder das Kundenproblem verstanden und der Kundenbedarf erkannt. Oder es gibt eine technische Herausforderung, die besser oder anders gelöst werden will. In beiden Fällen wird am Anfang geschaut, wer die Teilnehmer sind und was für Erwartungen sie haben. Was haben die vor? Was glauben sie, was ein gutes Ergebnis wäre.
Die gemeinsame Basis
Im zweiten Schritt wird ein gemeinsamer Wissensstand geschaffen. Wer hat welche Erfahrungen gemacht? Wer kann welche Erfahrungen mitbringen? Was hat in der Vergangenheit funktioniert und was nicht? Dies ist wichtig, damit alle Teilnehmer eine gemeinsame Sprache sprechen und zusammenarbeiten können. Häufig arbeiten die Teilnehmenden nicht im Tagesgeschäft miteinander zusammen. Sie wissen nicht, was die anderen wissen. Deshalb besteht ein Redebedarf, um die Sprechweisen, Fachbegriffe und Hintergründe abzugleichen. Und natürlich muss auch das Eis zunächst gebrochen werden. Ähnlich wie auf einer Party oder anderen Events.
Die Ideen
Als Nächstes geht es in die Lösungsentwicklung, bei der verschiedene Methodiken angewandt werden, damit relativ schnell erste Ideen auf den Tisch kommen. Dies kann Design Thinking, TRIZ oder klassische Kreativitätstechniken wie Brainstorming sein. Viele Teilnehmer bringen auch Ideen mit, die sie schon länger hatten. Danach werden iterative Schritte durchlaufen. Fragestellungen hierbei sind: Was haben wir geschaffen? Ist das schon gut? Was fehlt da noch? Warum ist das eine gute oder eine schlechte Idee? Was könnten mögliche Bewertungskriterien sein? Es werden weitere Runden in der Ideenentwicklung gestartet.
Ideenbewertung und Auswahl
Je nach verfügbarer Zeit kann dies innerhalb eines halben Tages oder über drei bis vier Tagen geschehen. Beim Abschluss der iterativen Phase werden die Ideen konsolidiert. Mit 78 Ideen kann keiner was anfangen. Es wird überlegt, wie die guten Ideen identifiziert werden können und was die nächsten Schritte sind. Die iterative Phase ist sehr stark Methoden- und Einzelfallabhängig. Da können die verschiedensten Dinge relevant sein: Customer Journeys des Kunden, Wettbewerbsanalysen oder Daten über technische Produkte.
Unterschiedliche Schwerpunkte erfordern unterschiedliche Werkzeuge zur Ideenentwicklung
Beim Design Thinking wird eher der Anwender betrachtet, während bei TRIZ technische Begebenheiten wie Stücklisten und physikalische Prinzipien wichtig sind. Bei der Suche nach neuen Geschäftsmodellen werden Geschäftsmodellpatterns angeschaut. Die Fragestellung wäre dann: Wie funktionieren Geschäftsmodelle heute anders als früher? Was sind gute und schlechte Beispiele? Das ist sehr vielfältig, deshalb gibt es an dieser Stelle wenig Standardablauf.
Welche Methoden kommen von den zwei möglichen Startpunkten, Kundenproblem verstanden oder technische Herausforderung, eher zum Einsatz?
Es kann Verschiedenes zur Anwendung kommen, aber es gibt Tendenzen.
Design Thinking ist eine Methodik, um Kundenprobleme besser zu verstehen. TRIZ wird bei technischen Problemen eingesetzt. Brainstorming setze ich ein, wenn bereits Ideen in den Köpfen der Teilnehmer sind und ich diese nur einsammeln brauche. Kombinatorik-Ansätze werden auch eingesetzt. Wie könnte ich das mit dem Kombinieren? Könnte ich etwas weglassen? Kombinatorik-Ansätze sind hilfreich bei Teilnehmern, die nicht gewohnt sind, zielgerichtet Ideen zu entwickeln oder wenig Vorstellungskraft und wenig Ideen haben.
Dadurch gebe ich ihnen eine Hilfestellung, damit sie daran glauben, Dinge anders oder besser machen zu können. Dieser Glaube ist wichtig. Denn häufig denken Menschen „In unserer Branche kann es keine Innovation geben. Das war schon immer so, das muss immer so bleiben.“ Der Glaube an die Veränderbarkeit der heutigen Welt ist eine Grundvoraussetzung. So trivial das vielleicht auch klingt.
Die Auswahl der Methodik wird nach den Teilnehmern gerichtet. Die verfügbare Zeit spielt eine sehr große Rolle. Bei einem zweistündigen Ideation Workshop beginne ich nicht mit komplexen Themen wie TRIZ, dem erfinderischen Problemlösen. Ich beginne auch nicht mit Design Thinking. Ich würde dann nur Brainstorming einsetzen. Oder maximal sehr einfache Bausteine aus anderen Methodiken.
Inwiefern hängt die Zeit von der Methodik ab?
Die Zeit hängt nicht von der Methodik ab, sondern davon, wie einfach die Lösungen zu finden sind.
Wenn ich beispielsweise mit einer Gruppe von Leuten spreche, die seit 10 Jahren am Thema Batterieentwicklung forschen, dann kann ich mit zwei Stunden Brainstorming nichts rausholen. Da benötigt es drei bis vier Tage Zeit, bei dem wir mit dem Team gemeinsam anschauen, was bisher gemacht wurde. Allein um zu wissen, wo sie stehen, benötige ich mindestens zwei Tage.
Wenn ich in eine Firma gehe, die ihren Schwerpunkt nicht in Forschung und Entwicklung haben, wie Versicherungen, kann ich mit zwei bis drei Stunden Brainstorming viel erreichen. Dies liegt daran, dass sie häufig noch nicht gezielt über neue Ideen nachgedacht haben. Da gibt es dann noch die hochgelobten „Low Hanging Fruits“ oder „Quick Wins“.
Der Zeitbedarf hängt von dem Wissensstand und Erfahrungen der Teilnehmer ab?
Ja, genau.
Werden bei der Konzeption des Workshops auf strukturierte Innovationsmethoden wie beispielsweise Design Thinking, SIT oder CPS zurückgegriffen?
Innovationscoaching für bessere Ideen
Die Idee ist nicht alles. Doch ohne Idee, ist alles nichts. Ideenworkshop? Design Thinking? TRIZ? Ideation Challenge? Im Coaching erörtern wir, was für Sie konkret am besten funktioniert.
Zur Ideenentwicklung setzen wir hauptsächlich TRIZ und Design Thinking ein.
Das Systematische erfinderische Denken SIT ist der TRIZ Methodik sehr ähnlich. Creative Problem Solving CPS ist ein sehr generischer Ansatz. Er besagt letztlich, dass zuerst geklärt wird, was meine Fragestellung ist. Dann werden Ideen gesammelt oder entwickelt. Anschließend baut man daraus Lösungen und setzt sie dann um. Das entspricht im Kern unserer Vorgehensweise, aber wir beschäftigen uns sonst nicht weiter mit CPS und verwenden auch die Begrifflichkeit CPS nicht weiter.
Wie spiegelt sich das im Ablauf wider?
Ein wichtiger Unterschied besteht darin, dass ich bei Design Thinking versuche, den Anwender einzubinden.
Ich überlege mir nicht, was würde der Anwender machen oder denken, sondern ich lade zwei bis drei echte User ein, um deren tatsächliche Erfahrungen einzusammeln.
Bei TRIZ ist dies nicht notwendig, weil TRIZ ein sehr technisches Thema ist. Hier ist die Annahme, dass der Anwender entweder bereits verstanden ist, oder dass der Anwender keine direkte Rolle spielt. Kann der Anwender wirklich „keine Rolle spielen“? Heute spricht jeder über Anwenderzentrierung. Doch tatsächlich spielt in vielen Fällen der Anwender keine wesentliche Rolle. Wenn ich eine Metalllegierung entwickle, die bei sonst unveränderten Eigenschaften eine zehnfach höhere Leitfähigkeit haben soll, dann ist der Anwender nicht wirklich mein Thema.
Ein weiterer Unterschied liegt in der Einstiegshürde. Für Design Thinking brauche ich kein gesondertes Training. Um TRIZ einzusezten sind gewissen Grundlagen bei den Teilnehmenden erforderlich. Außerdem wird bei TRIZ eine gewisse Offenheit der Teilnehmer benötigt, methodisch denken zu wollen. Nicht jeder hat einen Zugang oder ein Interesse, sich mit theoretischen Konzepten zu beschäftigen. Beim Design Thinking ist die Einstiegshürde sehr niedrig. Da verliert man als guter Moderator nur sehr selten einen Teilnehmer oder eine Teilnehmerin.
Was wären die Gemeinsamkeiten?
Eine wichtige Gemeinsamkeit ist das Prototyping.
Ich muss was dahaben, damit die Teilnehmer basteln können. Wir nennen das „Denken mit den Händen“. Das kann Lego, Papier, Pappe, Schnüre und Klebstoff sein, mit denen sie dann haptische Ergebnisse erzeugen. Prototypen sind sowohl im technischen Bereich hilfreich als auch beim Gedanken drüber zu machen, wie es der Kunde einsetzen könnte. Durch Prototypen ist es möglich, besseres Feedback zu erhalten. Weil etwas gezeigt und drüber gesprochen werden kann. Im Kopf passieren andere Dinge, wenn ich etwas bastle und baue, als wenn ich nur mit Wörtern arbeite. Es ist leichter vorwärtszukommen.
Eine weitere Gemeinsamkeit ist es, sich immer über den Mehrwert Gedanken zu machen, die wir schaffen möchten. Was will der Nutzer damit? Was soll dabei rauskommen? Soll das Produkt schneller oder einfacher sein? Bei komplexen Themen verliert man das Ziel schnell aus dem Blick. Darauf muss man immer wieder zurückkommen, indem das Ziel immer wieder klar herausgestellt wird.
Das Testen von Ideen ist eine weitere Gemeinsamkeit, denn jede Idee ist nur eine Annahme. Und am Ende ist nicht der Ideengeber, Ideenentwickler oder selbsternannte Innovator der Maßstab. Der Maßstab kann immer nur der Kunde, Käufer und Nutzer sein. Diese Kalibrierung ist wichtig. Zu schnell verstrickt man sich sonst in seiner eigenen Blase und belügt sich am Ende selbst, wie gut, sinnvoll oder relevant Ideen tatsächlich sind.
Wird beim Testen in Design Thinking auch der Anwender einbezogen?
Auf jeden Fall.
Mindestens beim Design Thinking. Eigentlich auch bei jedem anderen Thema. Selbst bei TRIZ oder jeder anderen Herangehensweise sollte ich nie denken zu wissen, was der Kunde will. Es ist einfach so etwas zu glauben, aber in Wirklichkeit haben wir keine Ahnung. Deshalb müssen wir zu den Anwendern gehen und deren Feedback einholen. Eine der typischsten Fehlannahmen ist „Für den Kunden zählt nur der Preis“. Das ist eine Annahme, die sich fast nie bestätigt. Beinahe jeder Kunde hat Wünsche und Bedürfnisse, für deren Erfüllung er oder sie liebend gerne einen höheren Preis zahlen würde. Diese Wünsche herauszufinden ist aber nicht immer ganz einfach. Insbesondere wenn man im Vertrieb tätig ist, und der Kunde schon weiß, dass man gerne etwas verkaufen möchte.
Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit ein Ideation Workshop erfolgreich abläuft?
Für einen erfolgreichen Workshop ist eine handhabbare Gruppe WICHTIG.
Sieben Teilnehmer sind eine gute Zahl, zehn oder vier würden auch gehen. Mit nur zwei Teilnehmern ist es schwierig. Wir brauchen genug Teilnehmer, damit sie sich austauschen können. Je vielfältiger die Erfahrungshintergründe, die Positionen, das Alter, die Geschlechter oder kulturelle Hintergründe, desto besser. Dies beschleunigt den Workshopablauf zwar nicht, schafft jedoch bessere Ideen am Ende.
Gute Moderation ist ebenfalls wichtig. Eine Gruppe moderiert sich nicht selbst. Als Moderator muss ich drauf achten, dass im gesetzen Zeitrahmen tatsächlich Ergebnisse erzielt werden und nicht mittendrin die Zeit abläuft. Dann habe ich zum einen kein Ergebnis. Zusätzlich stiftet das Unmut bei den Teilnehmenden, weil sie den Glauben daran verlieren, dass es ein Ergebnis geben kann. Und ich mache mich als Workshop-Moderator unglaubwürdig. Das kann einem ziemlich schnell zum Verhängnis werden.
Ein weiteres Kriterium ist es, eine klare Zieldefinition zu haben. Auch wenn wir nicht wissen können, was inhaltlich das Ergebnis sein wird, ist es wichtig zu wissen was ein erfolgreiches Ergebnis wäre. Ein mögliches Ziel könnte sein, drei Ideen zu entwickeln, die dem Kunden präsentiert werden können. Eine Zieldefinition verhindert zeitraubende Diskussionen während eines Workshops.
Ebenfalls für den Erfolg entscheidend ist es, eine gute Perspektive über die Außenwelt zu haben und nicht nur die interne Sicht zu kennen. Eine Möglichkeit wäre es, Kunden in den Ideenfindungsworkshop einzubinden oder zumindest jemanden dabeihaben, der eine gute Vorstellung vom Kunden hat. Ansonsten wird es sehr theoretisch. Vorab-Interviews mit echten Kunden, eine Marktstudie oder andere Marktdaten we ein Wettbewerbs-Benchmark können diese Erkenntnisse ebenfalls in den Workshop hineinbringen.
Wie werden diese Erfolgskriterien bei Ihnen gewährleistet?
Wir nehmen Einfluss auf die Teilnehmerschaft.
Zumindest versuchen wir das. Aber die meisten Unternehmen sind dafür auch offen. Nur selten gibt es eine fix festgelegte Teilnehmerliste an der wir nicht rütteln können.
Da wir die Moderation übernehmen, gewährleisten wir darüber eine sinnvolle Agenda und den tatsächlichen Ablauf. Wenn es keine Kontakte zum Anwender oder Kunden gibt, dann schaffen wir sie. Beispielsweise indem wir Anwender oder Kunden in den Ideation Workshop mitbringen. Dazu sprechen wir relevante Zielgruppen an und helfen unseren Kunden für die Workshops Teilnehmende zu finden.
Bei einem sehr homogenes Team, schlagen wir externe Teilnehmer vor, die sich gut einfügen würden. Außerdem fragen wir auch zwischenzeitlich den Status ab, wie innovativ die Gruppen denken. Hierfür haben wir ein Dashboard, wo sich die Teams eingruppieren können. Eine Art Selbsteinschätzung. Sind wir engstirnig? Sind wir chaotisch? Dann kann man auch während des Workshops nachjustieren.
Wird nicht jedes Team sagen wir sind sehr offen?
Wir geben den Gruppen auch ein Feedback, wenn sie sich einordnen.
Das geht nicht immer schmerzfrei. Manchmal gibt es echte Empörung, wenn ich einer Gruppe sage, dass sie wirklich konservativ und engstirnig an ein Thema herangehen, die Gruppe sich hingegen als offen und visionär einschätzt. Doch darüber zu diskutieren ist wichtig. Es gibt der Gruppe die Möglichkeit, sich selbst einzuschätzen, aber auch ein Feedback von außen zu bekommen. Und häufig ist diese Reflexion eine entscheidende Kertwende in einem Workshop. Weil das die Möglichkeit gibt, den Konsistenzzwang aufzugeben und eine Verhaltensänderung zuzulassen, die sonst nur sehr schwer geschafft wird.
Findet eine Vorbereitung der Workshop-Teilnehmer statt? Wenn ja, welche?
In jedem Fall führen wir Vorgespräche mit den TeilnehmeNDEN.
Wir rufen die jede Person auf der Teilnehmerliste an und klären folgende Punkte: Warum sind sie dabei? Was denken sie, ist wichtig? Haben sie Bedenken? Welche Erfahrungen haben sie gemacht, bei dem so was Ähnliches gut oder schlecht funktioniert hat? Der Vorteil ist, dass wir so die Teilnehmer besser kennenlernen und eine Vertrauensbasis entsteht, mit der wir besser arbeiten können. Das verhindert auch Querulanten, die erst mal zeigen wollen, dass die Berater nicht alles wissen.
Durch Vorgespräche ist es auch möglich, innerhalb der Gruppen solche Positionierungsarbeiten abzufangen. Wenn sich eine neue Gruppe bildet, gibt es Reibungspotenzial. Jeder will sein Können unter Beweis stellen. Dies kann abgefangen werden, wenn man die Teilnehmer vorher sprechen lässt und sowohl die Bedenken als auch die Vorerfahrungen abholt. So können wir auch schneller starten.
Meist sind auch die Inhalte wertvoll, die in den Vorgesprächen geliefert werden. Wir können neue Dinge aufnehmen, andere Themen auf die Agenda setzen, Teilnehmer rein- oder rausnehmen und so den Ideation Workshop besser gestalten.
Gibt es auch einen Inhaltlichen Input bei der Vorbereitung?
Normalerweise nicht.
Nicht in der Vorbereitung. Es ist schon schwer genug, die Teilnehmenden zwei bis drei Tage aus dem Tagesgeschäft rauszubekommen. Es hat nie funktioniert, den Teilnehmenden zu sagen, lies ein Buch oder schau dir das an. Die meisten machen das nicht und die, die das gemacht haben, sind dann schlecht gelaunt. Wenn wir merken, dass bestimmte Themen wichtig wären, können wir versuchen, das in den Ideenentwicklungs-Workshop einzubringen. Daraus machen wir dann kleine Input Sessions oder haben ein paar mitgebrachte Beispiele, um Konzepte besser zu verdeutlichen.
Welche Aufgaben haben Sie als Moderator in dem Workshop?
Abseits der Standardaufgaben des Moderators wie Pausen einbauen und die Zeit einhalten, ist es bei Ideation-Workshops wichtig, die Teilnehmer dazu zu bringen, verrückte Dinge auszusprechen.
Das ist nicht immer selbstverständlich. Vor allem Gruppen, die sich nicht gut kennen, erzählen nicht ihre verrücktesten Ideen, halten Themen zurück und trauen sich nicht, bestimmte Dinge zu sagen. Sie sind vorsichtig und trauen sich nicht in bestimmte Bereiche zu denken, weil sie meinen, das ist Nonsens, funktioniert nicht und „was sagen die Anderen?!“. Deshalb ist es eine wichtige Aufgabe des Moderators, selbst abstruse Dinge zu sagen, damit die Teilnehmer ermutigt sind, ihre verrückten Gedanken rauszulassen.
Diese Gedanken sind vielleicht keine guten Ideen, aber der erste Schritt in die Richtung. Die Teilnehmenden sollen über Dinge nachdenken, die eigentlich unsinnig erscheinen. Sie sollen versuchen, ihre Denkverbote abzubauen. An dieser psychologische Trägheit muss immer wieder gearbeitet werden. Ansonsten haben wir eine negative Stimmung, bei der jede Äußerung abgeschmettert wird und sich keiner mehr traut, etwas zu sagen.
Moderatorinnen und Moderatoren müssen auch darauf achten, dass alle Personen zu Wort kommen und nicht nur die, die gerne viel reden. Dabei muss die Workshop-Moderation neutral bleiben und nicht den Eindruck vermitteln, eine Idee besonders gut oder schlecht zu befinden. Man darf nicht selbst zum Ideengeber werden, weil die Moderation sonsten schnell nicht mehr als Moderation ernstgenommen wird. Sondern als befangene Partei.
Sollte der Moderator über das Themenfeld bzw. die Domäne bescheid wissen?
Auf jeden Fall. Wer moderiert, muss Bescheid wissen, braucht aber kein Experte zu sein
Wichtig ist es, die Sprache der Teilnehmenden zu sprechen, um zu verstehen, was gesagt wird. Ansonsten werden Moderatorin oder Moderator nicht mehr ernstgenommen. Wenn ich in einer Gruppe von sieben erfahrenen Technik-Freaks die notwendigsten technischen Begriffe nicht kenne, wissen die, dass sie mir keine Ideen zu erzählen brauchen. Weil ich es nicht verstehen würde. Besonders Ingenieure sind sehr kritisch, was das anbelangt. Wenn ich nur einmal „Kondensationselement“ statt „Kondensator“ sage, dann kann ich sofort nach Hause gehen.
Generell ist es wichtig zu verstehen, was die Teilnehmer sagen, um auch Missverständnisse unter den Akteuren klären zu können. Die Moderation muss klar kommunizieren, wenn etwas nicht verstanden wurde. Die meisten geäußerten Ideen sind zunächst unverständlich. Und nur selten traut sich jemand, sein Unverständnis offenzulegen. Man will ja nicht als schwer von Begriff gelten. Da springt die Moderation dann in die Bresche und zeigt, dass Detailverständnis, Offenheit und Unwissenheit wichtig und okay sind. Unschärfe muss man auf den Tisch bringen, um die Kommunikation zu befördern.
Gibt der Moderator inhaltliche Impulse? Wenn ja, welche und wann?
Impulse geben ist absolut wichtig.
Natürlich hat auch die Moderatorin selbst Ideen, wenn sie einen Ideation Workshop mit durchlebt. Wichtig ist, wie man mit den eigenen Ideen im Workshop umgeht. Ideen von außen haben es meist sehr schwer. Da gibt es das bekannte „not invented here“ Syndrom. Eine Idee, die nicht von uns ist, kann nicht gut sein. Objektiv mag das Quatsch sein, aber gegen psychologische Effekte kann man sich auch nicht so einfach verwehren.
Wenn man nur von einer kleinen Gruppe gehört wird, ist es möglich, eine Idee fallen zu lassen, ohne dass sie von allen gehört wird. Häufig werden solche Ideen aufgegriffen. Man muss nur dafür sorgen, dass das Team diese Idee für sich annimmt. Dies funktioniert am besten, wenn sie beiläufig in einer Diskussion fallen gelassen wird, und keinesfalls als „tolle Idee“ proklamiert wird. Wer moderiert, dem fallen häufig Dinge auf, die auf der Hand liegen, aber keiner wirklich ausspricht.
Welche Kreativitätstechniken wie beispielsweise Brainstorming oder Six Thinking hats setzen Sie in den verschiedenen Workshop-Phasen ein?
Wir setzen wenige dieser klassischen Kreativitätstechniken ein.
Die meisten Standard-Kreativitätstechniken sind Spinnereien, um Verschiedenes miteinander zu kombinieren. Den Ansatz, den wir wählen, ist das Lösen von Problemen. Entweder von der Kunden- oder der technischen Seite. Wir bereiten die Themen so vor, dass es ein Problem zu Lösen gibt. Problemlösen kann die Menschheit. Es gibt hierfür Herangehensweisen und Denkmuster. Dafür brauche ich klassische Kreativitätstechniken selten. Der Begriff „Kreativität“ ist an dieser Stelle aber auch nicht einheitlich definiert und es gibt zahlreiche Diskussionen, was Kreativität eigentlich ist, und wie man das untergliedern kann.
Ich brauche so was wie Idealität. Was wäre perfekt? So was kann helfen, vor Augen zu führen, wo wir hinwollen und wie anders Dinge sein können als wir sie kennen. Wenn man nicht glaubt, dass die Dinge anders sein könnten, dann arbeitet man auch nicht dran. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist die Erfindung des Rollkoffers. Bevor der Rollkoffer erfunden wurde, hat die Menschheit es geschafft, auf dem Mond zu landen. Jeder dachte damals, dass Koffer von irgendjemandem getragen werden müssen. Keiner dachte dran, dass niemand einen Koffer tragen will, und dass es dafür eine einfache Lösung geben könnte.
Ansonsten gibt es noch im Bereich von TRIZ eine Menge von Kreativitätstechniken. Beispielsweise das Konzept der kleinen Männchen. Hier schaue ich mir Systeme auf Molekularebene an. Die Auswahl der Techniken hängt sehr stark davon ab, was für ein Problem ich lösen will. Design Thinking ist zwar keine Kreativitätstechnik, aber ein Werkzeug, um den Kunden besser zu verstehen. Die Werkzeuge, die wir nutzen, sind primär dazu da, ein Verständnis von einem Problem, einer Situation, der Motivation oder der Handlung zu erlangen. Die meisten Ideen entstehen dadurch, dass ich ein zusätzliches Verständnis einer Situation gewinne.
Habe ich Sie etwas nicht gefragt, bei der Sie das Gefühl haben, dass ich es wissen müsste?
Ja, tatsächlich. Das räumliche Umfeld spielt für Workshops zur Ideenenwticklung eine wichtige Rolle.
Und eigentlich hatte ich mit der Frage nach Innovationslaboren und Kreativräumen schon fast gerechnet. Es ist wichtig, die Menschen aus ihrem gewohnten Umfeld rauszubekommen. Sie sollen etwas anderes Denken und im Kopf woanders sein. Das geht besonder gut in einem anderen Umfeld. Dabei ist es nicht wichtig, einen speziellen Ideation Workshop Raum oder ein Innovationslabor zu haben. Für den Anfang reicht aus, wenn man das gewohnte Arbeitsumfeld verlässt.
Eine weitere Frage wäre, ob Ideation Workshops auch online durchgeführt werden können. Das funktioniert bei relativ einfachen Fragestellungen. Und es funktioniert besser, wenn ein Team sich bereits kennt und schon mal zusammengearbeitet hat. Für herausfordernde Ideation-Themen sind online-Formate eine eher schlechte Lösung. Nehmen wir an, eine Idee basiert auf einem „Kompensator“ und ich kann mir als Teammitglied keinen richtigen Reim darauf machen, was das sein soll. Dann kann ich in Präsenz leise meine Kollegin fragen „Was ist denn ein Kompensator?“ und Sie wird sagen „Kondensator – nicht Kompensator“. Sofort ist alles klar und ich bin wieder am Ball. In einem Online-Setup mit 10 Teilnehmenden halte ich die Frage vermutlich zurück, bin irgendwann abgehängt und steige bei der nächsten Idee wieder ein.
Außerdem funktioniert zwischenmenschliche Interaktion viel besser in einem gemeinsamen Raum in Präsenz. Online sieht man nur einen kleinen Bildausschnitt. Dadurch kann man nur limitiert mit Gestik und Mimik arbeiten, weil man nicht weiß, wer einen gerade ansieht. Letztlich verliert man somit eine ganze Reihe von Kommunikationskanälen. Das führt zu höherer Anstrengung, Verlangsamung des gemeinschaftlichen Denkprozesses und am Ende zu schlechteren Ergebnissen. Am Ende bleibt es eine Abwägung, ob online gut genug ist und insgesamt mehr Vor- oder Nachteile bringt als ein Präsenzworkshop.
Am Ende werden Ideen und Innovationen von Menschen gemacht. Und Menschen sind anspruchsvoll, wenn es um die Rahmenbedingungen geht, um mit erfolgreicher Ideenfindung gute Ideen zu entwickeln. Wenn der Rahmen nicht stimmt, dann helfen die besten Methoden nicht. Aber gute Workshop-Moderation kann den entscheidenden Unterschied machen.
*Das Interview führte Kaan Yilmaz im Rahmen seiner Studien zu Innovation und Entrepreneurship an der FH Aachen (University of Applied Sciences) in Kooperation mit Prof. Dr. Konstanze Chwallek.
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Über TOM SPIKE
TOM SPIKE hilft ambitionierten Unternehmen, neue Produkte und Services zu erdenken, erarbeiten und für den Markterfolg zu gestalten. Innovationsworkshops mit verschiedenen Zielstellungen sind dafür ein wichtiger Baustein. Ideation Workshops sind dabei nur ein Aspekt. Häufig spielen Business Cases, Kunden- und Zielgruppeninterviews, indivuduelle Coachings oder umfassendere, strategische Innovationsberatung eine Rolle.